Sonntag, 9. Juni 2013

Eine unvergessliche Zeit

Nun sitze ich also tatsächlich schon wieder in meinem Zimmer in Berlin und versuche jetzt meine letzten Wochen in Südafrika zu rekapitulieren. Seit meinem letzten Blogeintrag am 28.4 ist unglaublich viel passiert, so dass dieser Eintrag möglicherweise etwas länger werden könnte. Hervorzuheben ist zudem, dass diese letzte Zeit eine verdammt schöne Zeit war, vielleicht sogar die schönste Zeit meines Lebens.
Beginnen möchte ich, der chronologischen Reihenfolge entsprechend, mit einem sehr spannendem und einprägsamen Ausflug ins Nirvana Südafrikas, nach Taaibosch in Limpopo, nahe der Grenze zu Botswana.
In diesem Dorf, das ohne Wasseranschluss auskommt und in dem mehr als die Hälfte der Bewohner Kinder zu sein scheinen, leben und arbeiten zwei deutsche Freiwillge. Zusammen mit drei Potchlern besuchte ich vom 3.-5. Mai die beiden in ihrem abgelegenen Dorf. Und das Wochenende sollte sich als Abenteuer herausstellen. Am Samstag startete der Tag in aller Früh mit einem Besuch einer Beerdigung. Da Weiße hier so gut wie nie aufkreuzen, zogen wir eine Menge Aufmerksamkeit auf uns. Jedoch wurde uns stets das Gefühl gegeben, dass wir willkommen sind und uns wurde sogar Dank für unsere Unterstützung ausgesprochen. Die Stimmung auf der Beerdigung war gedämpft und für afrikanische Verhältnisse wohl vergleichsweise traurig. Die Männer hielten Abschiedsreden, die Frauen sangen sich ihre Trauer von der Seele. Meiner Meinung nach war das einer Beerdigung mehr als angemessen. Die Verstorbene war übrigens eine junge Dame mitte zwanzig, die Todesursache war HIV. Im Anschluss an die Zeremonie gab es dann noch ein gemeinsames Essen, zur "Feier" des Tages wurde eine Kuh geschlachtet.
Die Hochzeitsgemeinde
Kaum war die Beerdigung zu Ende, wurde uns bereits die nächste Einladung angeboten. Nun sollte es auf eine Hochzeit gehen. Aller Widersprüchlichkeiten und der Tatsache, dass ich an dem Wochenende etwas kränkelte zum Trotz nahmen wir das Angebot an und machten uns auf dem Weg zum nächsten Fest.
Die unverkennbare Kirche
Dort angekommen, herrschte natürlich eine ganz andere, sehr gelöste Stimmung. Hier wurden wir von Beginn an wie Stars behandelt. Uns wurden Plätze direkt neben den Angehörigen und Freunden des Brautpaars angeboten und fortan erwähnten uns fast alle Redner und machten uns klar wie stolz sie wären, dass wir ihre Hochzeit unterstützten. Der Höhepunkt war erreicht, als uns der Fotograf nach vorne bat und wir zusammen mit dem Brautpaar für ein Foto posieren sollten. Auf der anschließenden Feier blieben wir die große Attraktion, uns wurden als einzige Kaltgetränke angeboten und wir durften zuerst ans Buffet. Es war schon eine merkwürdige und in gewisser Weise unangenehme Situation, denn wir genossen diese Privilegien nur auf Grund unserer Hautfarbe, nicht weil wir irgendwas Besonderes geleistet hatten. Dieser Tag musste erst mal verdaut werden, und von Skepsis gegenüber den Weißen, worüber ich im letzten Eintrag geschrieben hatte, war hier nichts zu spüren. Am nächsten Tag, dem Sonntag besuchten wir dann eine Kirche, die ihren ganz eigenen architektonischen Charme hatte. Der Gottesdienst war von viel Gesang und Tanz und innigen, fast schon fanatischen Gebeten geprägt. Zum Abschluss des Wochenendes kauften wir noch ein Huhn, schnitten es den Kopf ab, rupften es und bereiteten es schließlich zu. Ebenfalls eine Erfahrung, die ich nicht missen will. Das Huhn schmeckte vorzüglich. Nach diesem Festmahl und einer Menge spannender und unvergesslicher Eindrücke im Gepäck wurde der Rückweg nach Potch angetreten.

Als wir wieder in Potch ankamen, brachen für mich bereits die letzten vier Wochen in Südafrika an. Zurück in der Schule war ich in der Folge viel damit beschäftigt etliche Arbeitsblätter und für die Schule wichtige Dokumente zu kopieren und zu ordnen. Das zog sich über mehrere Tage hin und gestaltete sich zwar als eintönige Arbeit, hatte aber den Vorteil dass ich beschäftigt war. Des Weiteren suchte ich mir die Beschäftigung aber auch selber. Und zwar wollte ich für meinen letzten Schultag, dem 31.05, ein großes schulinternes Basketball- und Netballturnier organisieren. Dafür nutzte ich in den letzten Wochen die Sportstunden meines Lehrers, um die Kinder auf das Ereignis vorzubereiten. Genauer gesagt zeigte ich den Jungs der vierten bis siebten Klassen einige Basketballgrundlagen, während die Mädchen selbstständig Netball übten. Für die Jungs war nämlich Basketball, für die Mädchen Netball vorgesehen.
beim Turnier in Ikageng
Auch im Kinderheim lief es besonders basketballtechnisch immer besser, mittlerweile wurde zwei mal wöchentlich trainiert und endlich stieß ich bei meiner Suche nach Wettbewerb für die Jungs auf Erfolg. Nach etlichen gescheiterten Versuchen ein Spiel gegen ein Basketballteam in einer ähnlichen Altersgruppe zu organisieren, erhielt ich für den 25.05 eine Einladung für ein Basektballturnier im Ikageng Stadium. Mit großer Vorfreude und gleichzeitiger Unwissenheit in Bezug auf unsere Gegnerschaft machte ich mich zusammen mit meinem 9-köpfigen Team und Co-Trainer Anjo auf den Weg nach Ikageng. Da nur ein anderes Team in ähnlicher Altersgruppe anwesend war, traten wir drei mal gegen dieses Team an. Und obwohl alle drei Spiele verloren gingen, gewannen meine Jungs und auch ich eine Menge neue Eindrücke und wichtige Erfahrungen. Außerdem konnte ich sogar eine Verbesserung im Laufe der drei Spiele feststellen. Der Trainer unseres Gegners machte dann den Vorschlag, am Mittwoch Nachmittag mit seinem Team ins Kinderheim zu kommen und ein weiteres Spiel zu bestreiten. So wurde für Dienstag ein Spezialtraining angesetzt und am Tag darauf kam es dann zum großen Heimspiel im Abraham Kriel. Fußballspiele sind hier ja ein übliches Ereignis, aber ein Basketballspiel gibt es hier wahrlich selten zu bestaunen.
Das Turnier in der Schule
Das Spiel war dann ein großer Erfolg. Trotz zahlloser Fehlversuche besiegten wir unseren Gegner mit 14:4! Mein erster Sieg als afrikanischer Basketballcoach! Die Jungs hatten mich ganz schön stolz gemacht. Als Belohnung verteilte ich alte Trikots, die mir zu klein geworden waren und die meine Mutter nach Südafrika geschickt hatte. Und auch das Basketballturnier an meinem letzten Tag in der Schule war ein tolles Ereignis, die Kinder hatten ihren Spaß und auch organisatorisch lief alles gut. An diesem letzten Schultag hieß es dann auch schon Abschied nehmen, in der Schule wie im Kinderheim, denn am Abend ging es nach Johannesburg. Und dieser Abschied fiel mir schwerer als vor einigen Wochen noch erwartet. Denn besonders die letzte Zeit war einfach nur wunderschön. Seit dem Limpopo Wochenende lief im Prinzip alles perfekt. Ich hatte endlich das Gefühl wirklich angekommen zu sein und mich an alles gewöhnt zu haben. Das Verhältnis zu vielen Kindern war mittlerweile freundschaftlich und vertraut. Das Aufstehen am frühen Morgen war kein lästiger Akt mehr, sondern ich blickte mit Freude auf den anstehenden Tag. Die Phasen, wo ich mich zurück nach Deutschland sehnte, waren vorbei und ich wollte eigentlich gar nicht mehr weg. Und so war dieser Freitag, der 31.05 ein sehr emotionaler Tag mit einer Menge Abschiedsschmerz. All diese neu gewonnenen Freunde und Freundinnen würden bald sehr weit weg sein. Ich machte nochmal einen letzten Gang durchs Kinderheim und verabschiedete mich von den Menschen, die mir in den sieben Monaten ans Herz gewachsen waren. Dann stieg ich zusammen mit Anjo, Philip und Tim ins Auto und wir machten uns auf den Weg nach Johannesburg. Dort verbrachten wir dann noch das Wochenende, ehe ich am Sonntag Abend in den Flieger Richtung Heimat stieg.
Ein alles zusammenfassendes Fazit über meine 7 Monate in Südafrika zu ziehen, ist so gut wie unmöglich. Dafür war die Zeit viel zu vielfältig, viel zu facettenreich. Jedoch kann ich sagen, dass ich trotz aller Tiefen froh bin, das Abenteuer Südafrika gemacht zu haben. Besonders dank der letzten Wochen war es eine sehr schöne und unvergessliche Zeit. All die neuen Erfahrungen, die ich gemacht habe, haben mir als Menschen eine Menge gegeben. All die tollen Menschen, die ich kennen lernen durfte, werde ich nie vergessen und immer im Herzen tragen. Und eins ist klar: Ich werde auf jeden Fall zurückkehren. An den Ort, der meine zweite Heimat geworden ist.

Sonntag, 28. April 2013

Exkurs: Die getrennte Gesellschaft

Dieser Text, soll im Gegensatz zu meinen bisherigen Einträgen, kein aktueller Erlebnisbericht sein, sondern stellt den Versuch dar, die gesellschaftlichen Eigenheiten und Probleme meines Wohnumfeldes zu benennen und zu analysieren. Ich schreibe bewusst "Wohnumfeld", da Südafrika ein in so vielen Hinsichten vielfältiges und unterschiedliches Land ist und ich schlichtweg überfordert wäre, ein umfassendes Bild der nationalen Lage zu skizzieren. Da ich aber auch schon einige Ecken dieses beeindruckenden Landes gesehen habe, werden auch diese Erlebnisse in meinen Text mit einfließen.
Beginnen will ich aber mit dem normalen Alltagsleben in meinem Wohnort Potchefstroom. Die Kleinstadt in der Provinz North-West, 100 Kilometer südwestlich von Johannesburg besteht aus drei getrennten Stadtteilen: der eigentlichen Stadt Potchefstroom, in der um die 20.000, vor allen Dingen Weiße in gepflegten und mit Mauern geschützten Einfamilienhäusern leben und den westlich angrenzenden und weitaus bevölkerungsstärkeren Townships Ikageng, Promosa und Mohadin. Hier wohnen fast ausschließlich Schwarze in zum Teil sehr einfachen Verhältnissen. Dieses Stadtbild ist typisch für das Land. Auch Kapstadt,  die wohl reichste Stadt Südafrikas, wird von mehrern Townships umgeben.
Doch zurück zu Potchefstroom. Denn wenn man als Weißer in der Innenstadt wohnt, dann bleibt man normalerweise auch dort und wagt sich nicht in die "gefährlichen" Townships, die für den gewöhnlichen weißen Potchler wie eine andere Galaxie wirken. Umgekehrt kommen jedoch viele Schwarze aus den Townships in die Stadt, zum Arbeiten, Einkaufen, oder in die vielen Schulen. An meiner Schule kommt die Mehrheit der Kinder aus den Townships. Diese Kinder leben größtenteils aber in besseren Verhältnissen, denn die Schulgebühren betragen 300 Rand (ca. 30 Euro) im Monat, was für viele im Township unbezahlbar wäre. Da aber nicht alle Menschen, die im Township leben auch arm sind und es dort ebenso strukturelle Unterschiede gibt, können sich gewisse Teile der Bevölkerung bessere Bildung leisten.
Eine Beschäftigung, die typisch für die Stadt ist, ist die des Gärtners. Dabei sind die Rollen klar verteilt. Der schwarze Arbeiter aus dem Township ackert sich im Garten eines der vielen schicken Häuser der Innenstadt ab, während sich der weiße Hausherr einen entspannten Tag macht und seinem Arbeiter Befehle gibt. Unterbezahlte Jobs werden prinzipiell von Schwarzen bekleidet, das scheint hier ein naturgegebenes Gesetz zu sein. Diese in Jahrhunderten gewachsenen, patriarchalen Strukturen werden wohl sobald nicht aufbrechen und scheinen ein Teil der südafrikanischen Gesellschaftskultur zu sein. Denn obwohl die Apartheid seit nun fast 20 Jahren Geschichte ist, so ist sie besonders hier in Potch noch sicht- und erlebbar. Vor allen Dingen wenn ich mit meinen weißen Lehrerkollegen spreche, die alle Buren sind, (Buren sind die Nachfahren der Holländer, die Südafrika vor über drei Jahrhunderten erreichten und hier blieben) spürt man oft die Abneigung und Ignoranz gegenüber der schwarzen Bevölkerung. Da die Partei der Buren zur Zeit der Apartheid regierte, ist besonders die ältere Generation noch stark von der Apartheid-Doktrin geprägt. Immer wieder stelle ich das im Lehrerzimmer meiner Schule fest. Dort gibt es eine mehrheitlich geteilte Meinung, was das Zusammenleben von Schwarz und Weiß betrifft. Einen Satz, den ich schon oft gehört habe ist: "Ich bin ja kein Rassist, aber..." Und dann wird immer wieder behauptet, dass es den Menschen während der Apartheid besser ging als heute, da jeder seinen Platz hatte und die Wirtschaft stärker war. Ohnehin hätten die Schwarzen sowieso eine andere Kultur, die mit der der Weißen nicht vereinbar wäre. Zum Beispiel würden die Schwarzen anstatt gesittet und ruhig miteinander zu reden, sich ständig anschreien. Ein Lehrer, der bei den Kindern wegen seines Schlagstocks gefürchtet ist, offenbarte mir auch schon seine Sympathie und Bewunderung für Adolf Hitler. Noch schockierter war ich jedoch, als ich ähnliches aus dem Munde einer jungen Studentin hörte. Wie ich mit Verlauf der Unterhaltung feststellte, wusste sie aber gar nicht wirklich, was genau unter Hitler geschehen war. Leider ist diese junge Frau kein Einzelfall, denn auch viele andere Studentinnen und Studenten, mit denen ich sprach, haben ähnliche gesellschaftliche Ansichten. Viele junge Leute sind wohl noch sehr von ihren Eltern geprägt und sind nicht gewillt diese Denkweisen zu hinterfragen. Für viele Weiße spielt zudem der Sicherheitsaspekt eine große Rolle. Es sei zu riskant, sich mit Schwarzen einzulassen, am Ende werde man sowieso nur bestohlen und oder hätte ein Messer am Hals. Auch wenn es stimmt, dass es laut werden kann, wenn sich schwarze Kinder unterhalten oder dass man auf seine Wertsachen acht geben muss, wenn man einen schwarzen Club besucht (auch was das Ausgehen angeht, wird strikt nach Hautfarbe getrennt), so stört mich doch sehr die ständige Verallgemeinerung, die ewigen Vorurteile und die arrogante Haltung, die viele Weiße haben. Natürlich gibt es auch in der schwarzen Bevölkerung eine gewisse Abneigung und Skepsis gegenüber den Weißen, aber wer mag es ihnen nach all den grausamen Jahren der Unterdrückung verübeln. Und gewiss denken nicht alle Weißen in Südafrika gleich, in Kapstadt zum Beispiel gibt es ein viel unverkrampfteres und offeneres Verhältnis und Zusammenleben von Schwarz und Weiß. Im provinziellen Potchefstroom, das wohl schon immer eine konservative Hochburg war, haben aber viele Weiße eine ähnlich rückständige, und von Vorurteilen geprägte politische Meinung.
So wird es wohl auch in der Zukunft weiterhin Trennungen innerhalb der Bevölkerung in vielen Bereichen geben. Zu sehr scheint das Dogma der Apartheid noch in vielen Köpfen der Menschen herumzugeistern.
Eine Institution, die eine Verbindung der Bevölkerungsgruppen herstellt, ist die Kirche. Denn gläubig ist hier so gut wie jeder. Auch wenn ich das Christentum, so wie es hier ausgelebt wird, als rückständig betrachten würde, so zielt ihr Grundverständnis doch auf das Prinzip der Nächstenliebe und richtet sich somit gegen rassische Diskriminierung. Zudem gibt sie vielen armen Menschen Hoffnung und Ansporn sich den Problemen des Alltags zu stellen. Meiner Meinung nach nimmt die Religion hier jedoch eine zu große Rolle ein und lässt keine kritische Hinterfragung zu. Mit diesem Dogmatismus wachsen die Kinder auf und haben im Prinzip keine andere Wahl, als an Gott zu glauben. Alles was im Namen Gottes gepredigt wird, wird ohne Zweifel anerkannt. So wird zum Beispiel denn Kindern in der Schule eingeredet, dass nur die Ehe zwischen Mann und Frau das einzig Wahre ist. Diese und andere konservative Einstellungen werden von einer großen Mehrheit getragen, ob Weiß oder Schwarz.
Der Traum eines versöhnten und geeinten Südafrikas, wie es sich Nelson Mandela gewünscht hat, scheint sobald nicht zu erreichen sein, jedenfalls deutet wenig darauf hin. Dabei gehen gesellschaftliche und soziale Differenzen Hand in Hand. Denn auch der ANC, die Partei der Unterdrückten, war bisher nicht in der Lage, die so großen sozialen Ungleichheiten dieses Landes erfolgreich zu bekämpfen. Stattdessen fällt die Partei eher durch Korruptionsskandale auf.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die Menschen dieses Landes, ob schwarz oder weiß, ob arm oder reich, ob Politiker oder einfache Arbeiter, einen Ruck geben und die vielen Probleme gemeinsam anpacken. Denn nur zusammen kann eine Lösung gefunden werden. Hoffnung macht mir in dieser Hinsicht die Generation von morgen, die vielen Kinder, mit denen ich täglich zu tun habe. Für die Mehrheit spielt die Hautfarbe nämlich keine Rolle. Auf das diese Generation ihre unverkrampfte Haltung behält und einen Teil dazu beiträgt, die Gesellschaft zu einen. Dieses vielfältige und beeindruckende Land hätte es mehr als verdient.

Montag, 8. April 2013

Der Osterurlaub

Nun sind meine zweiten und damit auch schon letzten Ferien schon wieder vorbei. Morgen leuten wieder die Schulglocken und die freie Zeit wird ein jehes Ende finden.
Am Donnerstag bin ich von meinem zweiwöchigen Trip mit meinen Eltern zurückgekehrt. Wie schon der Küstenurlaub in den Sommerferien bot auch diese Reise wieder viele spannende und ereignisreiche Momente. Dieses Mal hatte ich sogar das Gefühl mehr erlebt und gesehen zu haben, als in dem eine Woche längeren Sommerurlaub.
Alles begann mit der Fahrt von Potch nach Johannesburg am 20.3. Meine Eltern waren am Tag zuvor in Johannesburg angekommen und hatten sich schon in einem Hotel etwas außerhalb eingerichtet. Da der 20. der letzte Schultag war, konnte ich an diesem Tag erst nachreisen. Aus finanziellen Gründen entschied ich mich dazu, ein Minibus-Taxi für 80 Rand nach Johannesburg zu nehmen. Das Prinzip der Minisbus-Taxis sieht wie folgt aus: es wird gewartet, bis die ca. 15 Plätze des Busses besetzt sind, vorher fährt das Gemeinschaftstaxi nicht los. So wartete ich rund eine Stunde, bis es endlich los ging. Am Taxistand in Johannesburg angekommen, begann für mich der zweite Teil der Reise: nun musste ich das Hotel finden, dafür brauchte ich aber ein "normales" Taxi. Sobald ich aus dem Minibus ausgestiegen war, kam ich mir ein wenig hilflos vor. Ich war mitten im Zentrum Johannesburgs, wo es vor Menschen wimmelte und ich war der einzige Weiße weit und breit. Dementsprechend wurde ich auch gemustert. Ein freundlicher, älterer Herr bot mir dann seine Hilfe an und führte mich zu einem Taxifahrer, der sich bereit erklärte, mich zum Hotel zu bringen. Leider wusste er auch nicht genau, wo sich das Hotel genau befand und so fragten wir Passanten, einen Tankwärter und riefen beim Hotel an, bis wir es schließlich erreichten. Erleichtert nahmen mich meine besorgten Eltern in Empfang und auch meinem tapferen Taxifahrer machten wir eine Freunde, indem wir ihn für den nächsten Tag nochmal engagierten.
Am nächsten Tag startete nämlich die einwöchige, geführte Rundreise durch den Norden Südafrikas, mit Stationen in Durban, dem Zululand, Swaziland, dem Krüger-Nationalpark und zum Abschluss Soweto und Pretoria. Startpunkt war der Flughafen von Johannesburg.
Da hat wohl jemand Hunger
Vom Flughafen aus ging es dann mit haupsächtlich älteren, deutschen Afrikatouristen in einem Reisebus nach Durban. Den Stop hätte uns die Reiseorganisation getrost sparen können, denn nachdem wir am Abend angekommen waren, ging es nach dem nächsten Morgen in aller Frühe direkt weiter Richtung Norden. Nördlich von Durban liegt die Heimat der Zulus, dessen Kultur wir anhand eines Besuchs in einem nachgebauten Zuludorf und anschließender Tanzeinlage kennenlernen sollten. Mit einer gewissen Portion Fremdscham begutachteten wir die Choreografie der sich um Authentizität bemühten "Zulus". Danach gab es noch einen kleinen Ausflug in einen nahe gelegenen Nationalpark, der einen Vorgeschmack auf den noch zu besichtigenden Krügerpark war. Den nächsten Tag durchfuhren wir das monarchisch geführte und von Südafrika politisch unabhängige Swaziland, dessen König die Polygamie preist, sich um sein Volk aber eher weniger zu kümmern scheint. Entlang durch geschwungene Berglandschaften wurde nur gehalten, um sich zu entleeren oder zu konsumieren. Am Ende des Tages erreichten wir dann bereits das Randgebiet des Krüger-Nationalparks, wo wir für drei Nächte eine schicke Unterkunft bezogen. Nachdem wir einen Tag eine Pause vom vielen Busfahren eingelegt hatten, ging es am nächsten um 5 Uhr morgens ab in den Krüger. Mit einem Jeep und einem in die Jahre gekommenen Guide hielten wir Ausschau nach der animalen Vielfalt des Parks. Und wurden fündig. Wir sahen Elefanten, Giraffen, Büffel, Nashörner, Kudus, Geier, jede Menge Impalas und sogar Löwen, wenn auch nur von hinten. Dieser eine Ausflug in den Park reichte aber auch völlig aus, denn nach 10 Stunden Pirschfahrt war man gut bedient.
Atemberaubender Blick auf den Blyde River Canyon
Am vorletzten Tag der Rundreise wurde die Rückfahrt nach Johannesburg angetreten. Auf dem Weg hatten wir unter anderem einen unfassbaren Blick auf den Blyde River Canyon, welcher wie ein Gemälde vor einem lag. Am Tag darauf stand eine Fahrt durch Soweto und somit Armuts-Sightseeing auf dem Programm. Soweto ist aber keineswegs nur von Armut geprägt, sondern es gibt auch Gegenden mit prachtvollen Häusern und Villen, wo zumeist die schwarze Elite wohnt. Teilweise liegt direkt gegenüber der Villa eine einfache Wellblechhütte. Auch im größten Township Südafrikas gibt es diesen krassen Kontrast zwischen Arm und Reich, der prägend für das ganze Land ist. Am Hector Pieterson Museum, das zu Ehren eines Schuljungen errichtet wurde, der beim Massaker während des Schüleraufstands 1976 erschossen wurde, machten wir einen Stop. Doch anstatt uns über die Geschehnisse während einer der größten und gewaltvoll unterdrückten Demonstrationen während der Apartheid zu informieren, wurde der Halt für eine Pinkelpause genutzt. Danach wurde noch die Hauptstadt Pretoria besichtigt, ehe es zurück zum Flughafen ging und die Rundreise somit beendet war.
Insgesamt war die Reise geprägt von langen Busfahrten, einem strengen Programmplan und wenig Individualität. Doch das hatte zum Teil auch seine guten Seiten, da man sich um fast nichts kümmern musste und sich so entspannt zurücklehnen konnte. Außerdem war das Essen, besonders für mich, wie ein Segen.
Am Flughafen mieteten meine Eltern und ich dann ein Auto und machten uns auf den Weg in meine aktuelle Heimatstadt Potchefstroom. Dort verbrachten wir, meine Eltern im Hotel und ich im Kinderheim, zwei Nächte, so dass ich einen vollen Tag hatte um meinen Eltern zu zeigen, wie ich hier lebe. Ich führte sie durchs Kinderheim, wir schauten bei der Schule vorbei, machten in der Mall nötige Einkäufe und guckten uns den Unikampus an. Abschließend schnürten mein Vater und ich noch unsere Schuhe und spielten mit einigen Kindern und ein paar Freiwilligen ne Runde Basketball. Der Eindruck meiner Eltern fiel durchaus positiv aus.
Von Potch aus wurde die Reise Richtung Kapstadt angetreten. Bevor wir die wohl schönste Stadt des Landes erreichten machten wir aber noch zwei Stopps plus Übernachtung in Kimberley und Beaufort West. Kimberleys einziges Highlight ist das tiefste von Menschenhand gegrabene Loch, aus dem vor einiger Zeit Diamanten abgebaut wurden. Dieses "Big Hole" und das dazu gehörige Museum ist der einzige Grund, warum sich Touristen noch in die ansonsten verlassene und herunter gekommene Stadt verirren. Oder man brauch so wie wir auf dem Weg nach Kapstadt einen Ort zum Übernachten.
Der zweite Stop in Beaufort West, ein kleines, schickes Städtchen, nutzten wir um den Karoo-Nationalpark, unweit vom Ort zu besichtigen. Dort hatten wir nicht sonderlich viel Glück bei der Tiersuche, aber in der Hinsicht waren wir ja bereits andernorts recht erfolgreich.
Blick vom Lion's Head auf den Tafelberg
Am darauf folgenden Tag machten wir Halt in Paarl, wo wir ein Monument besichtigten, dass der Afrikaanssprache gewidmet war und in Stellenbosch, das für seine gute Uni, den schmackhaften Wein und den europäischen Einfluss bekannt ist. Hier fühlte man sich wie in einer holländischen Kleinstadt, von Afrika keine Spur. Später am Tag kamen wir schließlich in Kalk Bay an. Das Fischerdorf befindet sich zwischen Kapstadts Zentrum und dem Kap der guten Hoffnung in der False Bay und bot uns Unterkunft für die restlichen drei Nächte. Die restlichen drei Tage wurden natürlich zum Entdecken Kapstadts und seiner Umgebung genutzt. Ich hatte dabei das Vergnügen, einige Touristenhighlights ein zweites Mal zu sehen, wie zum Beispiel das Kap der guten Hoffnung, die Pinguinkolonie, die Waterfront, sowie die Long Street. Orte die man ruhig auch ein zweites Mal sehen kann. Zudem machten wir noch eine Stadtrundfahrt mit dem Touribus und zu meiner großen Freude bestiegen wir, besser gesagt ich, denn meine Eltern gaben zur Hälfte auf, den Lion's Head, der rechts vom Tafelberg in den Himmel ragt. Wie schon beim letzten Urlaub rundete die Stadt am Kap eine sehr gelungene Reise ab und läutete die Rückkehr ein. Für mich hieß es zurück nach Potch, für meine Eltern ging es ein Stücken weiter.
Der Urlaub ist vorbei, der Alltag steht bevor. Ein Gefühl an das ich mich langsam gewöhne, doch es ist wohl das letzte Mal, dass ich diesen Wechsel der Umstände erlebe.

Samstag, 16. März 2013

Die Bedeutung des Wassers

Am Mittwoch ist es soweit. Dann endet das erste Quartal des Schuljahres und es beginnen die Osterferien. Zusammen mit meinen Eltern werde ich durch Südafrika reisen und die freie Zeit genießen. Denn die brauche ich sehr dringend.
Zuletzt war der Schulalltag nämlich eher von Langeweile beziehungsweise Anstrengung geprägt. Entweder hatte ich zu wenig zu tun oder ich musste Lehrer in ihren Klassen vertreten, wie zu letzt am Mittwoch und Donnerstag die vierten Klassen. Leider gestaltete sich die Beaufsichtigung als nervenaufreibende Angelegenheit, denn die Kinder benahmen sich teilweise wie im Irrenhaus und ich konnte wenig entgegensetzten. Da ich das Schlagen der Kinder prinzipiell nicht in mein Ermahnungsrepertoire aufnehmen will, blieb nur meine Stimme. Doch diese Methode half wenn dann nur kurzfristig. Die Kinder sind hier teilweise sehr ungezogen und je größer die Klasse ist, desto schwieriger wird es, diese zu bändigen. Am Ende der beiden Tage war ich dann körperlich wie seelisch mit meinen Kräften am Ende und war in eine resignierte "Macht doch was ihr wollt"-Stimmung verfallen. So viel zu den negativen Seiten meiner Arbeit. Denn es ist ja auch nicht alles schlecht, so folgte auf meine erste Unterrichtsstunde nämlich die zweite. Dafür muss die Zeit ein wenig zurück gedreht werden, und zwar auf den 18.2. Wieder fungierte ich als Geografielehrer, wieder ging es um Afrika, diesmal lag der Schwerpunkt auf den Gewässern und Wüsten. Anhand von Bildern der größten Flüsse, Seen, Wasserfällen und Wüsten zeigte ich den Kindern die natürliche Vielfalt Afrikas. Außerdem thematisierte ich auch das Problem der Wasserverschmutzung und machte ihnen die Bedeutung von sauberem Wasser bewusst. (später mehr dazu)
Für die nächste Stunden teilte ich die Kinder dann in vier Gruppen ein und ließ sie Fragen zu meinem Unterricht diskutieren. Das funktionierte erstaunlich gut, denn die Kinder kamen relativ schnell und gemeinschaftlich zu guten Ergebnissen. Anschließend wurde von mir und dem Hauptlehrer ein Kind ausgewählt, um die erarbeiteten Antworten vor der Klasse zu präsentieren. Die sonst so lauten und aktiven Kinder waren plötzlich ganz schüchtern und zurückhaltend. Zum Abschluss wurden die Antworten nochmal in der gesamten Klasse diskutiert und mein Lehrerkollege hielt eine lehrreiche Ansprache über die Verantwortung jedes einzelnen, Wasser möglichst sauber zu halten. Somit war meine Unterrichtsstunde also auch von gesellschaftlicher und politischer Bedeutung und ich hoffe sehr, dass ich ich damit die Kinder zum Nachdenken bringen konnte. 
Wo wir gerade beim Wasser sind. Nur eine Woche nachdem es in der Schule um die Wichtigkeit des Wassers ging, war ebendieses in Potch nicht mehr da. Die Leitungen gaben mit der Zeit immer weniger her und irgendwann kam gar nichts mehr raus. Für mehrere Tage bedeutete das: keine Dusche, keine Wäsche, keine Spülung und wenn dann nur sporadisch und in geringen Mengen. Zwischendurch lief das Wasser dann wieder für einen Tag, am nächsten ging wieder nichts mehr. Nach ein paar Tagen ohne Wasser, wurde an einer Tankstelle Wasser aus einem Schlauch für die Bürger von Potchefstroom bereitgestellt und so begann eine große Auffüllaktion fürs Kinderheim. Grund des Wassermangels ist wohl ein politischer. Ein Tag nachdem das Wasser zum ersten Mal ausblieb, wurde die Bügermeisterin, die der Democratic Alliacnce (DA),der größten Oppositonspartei Südafrikas angehört, durch ein Misstrauensvotum aus dem Amt gewählt und durch einen von leider vielen korrupten ANC-Politikern ersetzt. Daraufhin behauptete die DA, der ANC habe die Wasserpumpen absichtlich abgedreht und wolle ihnen dieses Fiasko ankreiden. Soweit die südafrikanischen Medien. Was hinter den Kulissen nun tatsächlich abgelaufen ist, kann ich nicht abschließend beurteilen. Fakt ist: Wir hatten über längere Zeit, ca. eine Woche, kein fließend Wasser. In dieser Zeit wurde mir dann tatsächlich die hohe Bedeutung des Wassers bewusst und aus der Theorie wurde Realität. Und schließlich bin ich hier in Afrika, da muss man doch auch mal eine Zeit ohne Wasser auskommen. So, genug zum Wasser, mittlerweile läuft es wieder ganz normal und das Leben in Potch hat sich wieder normalisiert.
Ich freu mich jetzt auf die Ferien und die Rundreise mit meinen Eltern, die uns von Johannesburg nach Durban, Swaziland, zum Krügernationalpark und nach Soweto und Pretoria führt. Danach gehts für zwei Tage nach Potch und zum Abschluss nach Kapstadt. Ob ich meine Eltern nochmal nach Kapstadt begleite ist noch nicht hundertprozentig sicher, aber ziemlich wahrscheinlich. Die Osterferien sind hier auch schon die letzten für mich, danach folgen noch zwei Monate Schule und dann geht es schon wieder zurück nach Deutschland. Bis dahin folgen aber sicher noch einige Blogeinträge!

Sonntag, 17. Februar 2013

Es geht voran!

Nach dem aufregenden und erholsamen Urlaub stand das neue Schuljahr bevor. Jetzt klingelte der Wecker wieder gnadenlos um 6 Uhr in der Früh und es galt wieder sich um ein neues aufzuraffen und den Schulbus nicht zu verpassen. Mit dem neuen Schuljahr gab es auch für mich Neuerungen. Anstatt, wie zunächst vermutet, die schwangere Lehrerin mit der 4. Klasse zu begleiten, wurde ich einem Lehrer zugeteilt. Dieser etwas korpulente Herr um die 30 unterrichtet ebenfalls Social Science (was aus Geografie und Geschichte besteht) für drei 5. Klassen (zwei Englisch- sowie eine Afrikaansklasse) und zusätzlich ein Fach mit der Abkürzung FO (afrikaans für physical education, was frei übersetzt Sportunterricht bedeutet) für verschiedene Klassen von der 4. bis zur 7. Stufe. So, jetzt hab ich aber genug geklammert (,oder?). Aus diesen Fächern besteht nun also mein alltäglicher Schultag und wie zu meiner Schulzeit sitze ich öfter mal ruhig da und höre zu, was der Herr Lehrer so spannendes zu erzählen hat. Erst wenn die Kinder Aufgaben zu bewältigen haben, bekomme ich die Gelegenheit mich sinnvoll einzubringen und meine freiwillige Arbeit mit Leben zu füllen. Dann kann ich nämlich Fragen beantwortet, Fehler korrigieren und Tipps geben. Beim Sportunterricht kann ich mich zudem körperlich fit halten, indem ich diverse Koordinations-,Lauf-oder Fitnessübungen mitmache. Hier fungiere ich oft als Vorführer und Motivator. So habe ich schon eher bewegungsunwillige Kinder dazu gebracht mit mit zusammen eine Runde um das Rugbyfeld zu laufen, auf dem der Unterricht stattfindet. Mein Lehrerkollege sieht in seinen Sportstunden besonders die Chance ungeliebte Kilo abzubauen.
Mister Jannes in Aktion
Zusätzlich dazu, war ich zu Beginn viel damit beschäftigt, Schulhefte mit Umschlägen zu bekleiden und ins Innere Arbeitsblätter zu kleben. Ähnlich wie das Korrigieren von Examen wurde diese Tätigkeit auf Dauer monoton und so war ich sehr erfreut, als mir mein Lehrer die Möglichkeit gab, eine eigene Unterrichtsstunde zu gestalten. Also wurde ich am 28.1 zum Geografielehrer für die beiden Englischklassen, ich gab also zwei Unterrichtsstunden à 30 Minuten. Mein Thema für die beiden Stunden war der Kontinent Afrika. Ich erzählte den Kindern also alles Wissenswerte über ihre Heimat und stellte ihnen zum Abschluss noch "meinen" Kontinent vor. Während ich redete, hörten die Kinder artig zu und brachten sich, wenn ich sie um Beteiligung bat, ein. Zum Schluss verteilte ich noch einen kleinen Test, der durch aufmerksames Zuhören und mit Hilfe des Geografiebuchs durchaus lösbar war, und versprach den Besten eine Belohnung in Form von Süßigkeiten. Es waren also zwei sehr gelungene erste Unterrichtsstunden! Den Rest der Woche verbrachte ich dann noch damit, die Tests auszuwerten und nochmal gründlich durchzugehen.
Auch im Kinderheim haben sich mit dem neuen Jahr Veränderungen ergeben. Die study time wurde umstrukturiert: Die Kinder sind jetzt nach Klassenstufen eingeteilt und nicht mehr nach ihren Häusern. Zusammen mit meiner Schulkollegin Michelle habe ich die Aufsicht für eine "special class", wo die Altersspanne 9 bis 11 Jahre beträgt. Die Kinder haben besondere Konzentrationsschwächen und dementsprechend anstregend gestalten sich die anderthalb Stunden Hausaufgabenhile. Nach 45 Minuten Lernen gehen wir dann mit den Kindern zum Spielen nach draußen.
Auch meine Karriere als Basketballtrainer ist nun gestartet. Jedoch biete ich das Training nicht in der Schule an, sondern im Kinderheim. Die großen Jungs, also 12+, können dran teilnehmen und sind bei den zwei bereits durchgeführten Einheiten auch relativ zahlreich erschienen. Das Vorbereiten und Erklären der Übungen macht echt Spaß, leider scheinen das einige der Jungs nicht wirklich zu würdigen, denn bei einigen fehlt es an der nötigen Motivation. Das scheint aber ein allgegenwärtiges Problem zu sein, denn auch beim Fußballtraining, das andere Freiwillge leiten, sind die Jungs manchmal nicht ganz bei der Sache. Hoffentlich schaffe ich es, etwas mehr Begeisterung für mein Training zu entfachen.
Union Buildings in Pretoria
Neben all der Arbeit war ich im neuen Jahr bereits zwei mal mit Freiwilligen übers Wochenende unterwegs.
Der erste Ausflug ging in die Hauptstadt Pretoria/Tshwane. Zusammen mit drei Potchlern besuchten wir einige Freiwillige in ihrer WG in Pretoria, mit denen wir unsere Erfahrungen aus unseren Projekten austauschten. Außerdem sahen wir uns ein wenig die Stadt an, unter anderem das Regierungsgebäude ""Union Buildings", wo 1994 die historische Vereidigung Nelson Mandelas zum Präsidenten des Landes stattfand. Den Aufenthalt in Pretoria nutze ich dann auch, um meinen neuen Führerschein in der deutschen Botschaft abzuholen.
Das Soccer City Stadion
Der Trip nach Johannesburg am letzten Wochenende führte uns gleich zwei mal in das mit Informationen vollgestopfte Apartheidmuseum. Da wir am ersten Tag gerade mal die Hälfte des Museums begutachten hatten, durften wir am nächsten Tag nochmal kostenlos rein. Der Besuch ist auf jeden Fall empfehlenswert, da man eindrucksvoll die Sinnlosigkeit dieser dunklen Episode in Südafrikas Geschichte vor Augen geführt bekommt. Am Sonntagabend stand das Highlight unseres Johannesburgbesuchs auf dem Programm. Mit rund 90000 Vuvuzela-trötenden Fußballfreunden ging es zum Finale des Afrika Cups. Wir erlebten ein atemberaubendes Stadion und ein nicht ganz so atemberaubendes Spiel, indem Nigeria Burkina Faso mit 1:0 besiegte. Die Siegerehrung mit anschließendem Feuerwerk rundete das große Event gebührend ab.
Wie ihr seht, die letzte Zeit war reich an neuen Erlebnissen und Herausforderungen. So kann es gerne weiter gehen!

Sonntag, 27. Januar 2013

Der große Reisebericht (Teil 2)

Auf Grund wiederkehrender Internetprobleme komme ich erst jetzt dazu, den 2. Teil des Urlaubsberichts zu publizieren.
Bevor der nächste Küstenort erreicht wurde, erkundeten wir noch den wunderbaren Tsitsikamma-Nationalpark, welcher zum Wandern und Klettern entlang der Felsküste einlud. Das Ziel unseres Ausflugs war ein uns bereits bekanntes: ein Wasserfall. Diesmal aber direkt am Meer und ohne Einsprungmöglichkeit. Danach führte uns der Weg in das verschlafene Städtchen Knysna.
Knysna: In dem ruhigen und zum Teil etwas bonzigen Ort wurden die nächsten 5 Tage verbracht und somit auch die drei Weihnachtsfeiertage. Der Heilige Abend wurde zunächst mit der Suche nach einem passenden Restaurant für den Abend verbracht, danach zog es uns zu einem kleinen und abgelegenen Strand. Da die Küste dort hauptsächlich felsig ist, war die Suche ein durchaus schwieriges Unterfangen. Zudem wollte sich die Sonne an diesem heiligen Tag einfach nicht blicken lassen, so dass der totale Kontrast zum gewohnten Weihnachtswetter ausblieb. Als ich dann auch noch erfuhr, dass Süddeutschland bis zu 20°C vermeldete, dachte ich ich wär im falschen Film. Der Tag wurde mit einem Besuch in einem überfüllten Restaurant mit überfordertem Personal und einem anschließendem Kirchenbesuch abgeschlossen. Der Gottesdienst unterschied sich nicht sonderlich von einem deutschen, was auch daran lag, dass wir keinen schwarzen Gospel-Gottesdienst finden konnten. Dadurch kam jedoch zum Ende des Tages doch noch ein wenig Weihnachtsstimmung auf.
Am 1. Weihnachtsfeiertag wurde mal wieder gewandert, überraschender Weise war unser Ziel ein Wasserfall. Dort, im Wilderness Nationalpark, war dann aber wieder der Sprung von einer Klippe möglich. Der nächste und letzte Feiertag wurde mit Kanu fahren verbracht, eigentlich stand ein Wildwasser Rafting auf dem Programm, das jedoch auf Grund der allgemein dürftigen Finanzlage ausfallen musste. Sparen war angesagt, denn es stand nämlich noch ein teurer Spaß bevor: Fallschirmspringen! Dieser war bereits für den 25. geplant, wurde aber wegen zu dichter Bewölkung abgesagt. Als uns zwei Tage später die gleiche Nachricht ereilte, fingen wir bereits an, an das Schicksal zu glauben. Der Sprung wurde also erneut verschoben, diesmal aufs Neue Jahr in Kapstadt. So machten wir an diesem Tag einen Ausflug zu den Heads, das „Eingangstor“ zur Bucht von Knysna. Von hoch oben hatte man einen weiten und beeindruckenden Blick auf die Bucht und das Meer.
Hermanus: In dem noch ein Stückchen spießigeren Örtchen blieben wir nur einen vollen Tag, da wir uns dazu entschieden, einen zusätzlichen Tag in Kapstadts Umgebung und nahe dem Kap der guten Hoffnung zu verbringen. Der Tag in Hermanus nutzen wir zum Faulenzen am Strand, so dass es nicht viel Aufregendes zu berichten gibt. Der Ort ist vor allem für das Beobachten von Walen bekannt, die sich gerne hier aufhalten, jedoch nur zu einer bestimmten Zeit und die ist nicht Ende Dezember. Der Eindruck, dass die Ortschaften immer exklusiver und kommerzieller werden (besonders was die Wanderwege betrifft), je näher man Kapstadt kommt, bestätigte sich hier nochmal.

Simon's Town: Einen Tag vor Silvester kamen wir in das südlich von Kapstadt gelegene Simon's Town. Von dort aus machten wir zunächst einen Ausflug zu einer Pinguinkolonie, die natürlich als große Attraktion Menschen aus aller Welt anlockte. Die größere Attraktion war natürlich der Kap der guten Hoffnung, den wir am nächsten Tag ansteuerten. Hier tummelten sich besonders viele Reiselustige, vor allen Dingen Deutsche, um den südwestlichsten Punkt Afrikas zu erkunden. Natürlich gab es auch für uns das obligatorische Foto mit dem weltbekannten Schild. Da wir aber besonders alternativ sein wollten, stellten wir uns vor das Schild und verdeckten den viel zu oft fotografierten Schriftzug. Später machten wir noch ein kleines Picknick auf einem der vielen Kapfelsen. Der Ausflug hatte sich auf jeden Fall gelohnt, jetzt kann ich schließlich sagen, dass ich schon mal am Kap der guten Hoffnung war, das schafft nicht jeder.

Kapstadt: Nun stand endlich der krönende Abschluss auf dem Programm, die „Mother City“. Mitten im Herzen der Stadt lag unser Backpacker und nachdem wir uns ein wenig eingerichtet hatten, ging es gleich zum nächsten Liquor Store, für die große Feier musste ja vorgesorgt werden. In Kapstadt trafen wir dann die ganzen anderen deutschen Reisegruppen aus Potch und so gingen wir am Abend zusammen essen. Das neue Jahr wurde dann mitten auf der Long Street, der Partymeile der Stadt, begrüßt. Tanzend und feiernd zogen die Massen durch die Straße. Auch ich war mitten drin und genoss die positive Stimmung. Als ich jedoch kurze Zeit Später in meine Hosentasche griff und feststellte, dass mein Handy nicht mehr an seinem angestammten Ort war, war es schlagartig vorbei mit meiner guten Laune. Vergeblich suchten ich nach dem smarten Gerät, doch der Dieb hatte sich wohl schon längst aus dem Staub gemacht. So wollte bei mir im weiteren Verlauf der Nacht keine richtige Partystimmung mehr aufkommen. Nach dem etwas ernüchternden Start in 2013, erkundeten wir etwas verkatert die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wir liefen zu schönen Plätzen, imposanten Gebäuden und in das muslimische Viertel Bo-Kaap. Hier wurden wir Zeuge eines farbenfrohen und klangvollen Neujahrsumzugs von der dort lebenden Community. Nun hatten wir wieder genug Energie gesammelt, die wir für den nächsten Tag brauchen sollten. Ziel des Tages war nämlich die Besteigung des 1000 Meter hohen Tafelbergs, das Wahrzeichen Kapstadts. Anstatt sich von der Seilbahn hochziehen zu lassen, wählten wir den nicht ungefährlichen Weg entlang des Berges. Als wir oben angekommen waren, war die Aussicht dann umso atemberaubender. Der Blick auf die Stadt ist wirklich sehr eindrucksvoll und einzigartig. Das war wohl im wahrsten Sinne des Wortes der Höhepunkt unserer bisherigen Ausblicke. Am nächsten Tag sollte jedoch ein weiterer Höhepunkt folgen. Endlich klappte es mit dem Fallschirmsprung. Etwas angespannt fuhren wir raus aus Kapstadt zu einem abgelegenen Flugplatz. Als die kleine Maschine vom Boden abhob, verstärkte sich das mulmige Gefühl im Magen. Gleich würde ich aus einem Flugzeug springen, und dafür gebe ich auch noch 170 Euro aus. Was hab ich mir dabei nur gedacht? Als sich dann die Flugzeugtür öffnete, gab es kein zurück mehr. Der Sprung, der angeblich 35 Sekunden dauerte, kam mir eher wie 10 Sekunden vor und war wirklich überwältigend. Richtig genießen konnte ich es aber nicht, dafür ging alles viel zu schnell. Das anschließende Gleiten durch die Lüfte war dann aber ein sehr geiles Erlebnis. Abgeschlossen wurde der aufregende Tag mit dem Besuch eines sehr coolen Clubs in der Long Sreet. Hier lief Drum n Bass und die Atmosphäre und die Location erinnerte mich teilweise sehr an die Berliner Clubszene. Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass Kapstadt eine ähnlich Entwicklung wie Berlin nimmt, viele Läden sehen ähnlich aus und sogar die Mode und das Aussehen der jungen Leute erinnert an das hippe Berlin, in das es alle zieht. Am letzten ganzen Tag in Kapstadt befassten wir uns dann nochmal mit düsteren Geschichtsabschnitten der Stadt. Wir besuchten die Slave Lodge, wo früher Sklaven gehalten wurden und fuhren auf die Gefängnisinsel Robben Island, wo unter anderem ein gewisser Nelson Mandela eine lange Zeit verbrachte. Die Tour durch den Gefägnistrakt fiel leider etwas kurz aus, die Idee, dass man von einem Ex-Häftling geführt wurde war gut, müsste aber noch etwas ausgereift werden. Zum Abschluss gingen wir nochmal exotisch essen und probierten uns an Krokodil, Strauss, Warzenschwein und einem Bock. Am nächsten Morgen wurde dann die Rückreise nach Potch in einem Reisebus angetreten.
Das wars dann mit dem Urlaub, der wie ich fand eine Menge zu bieten hatte und viele spannende Geschichten produzierte.
Seit drei Wochen bin ich nun wieder in Potch und hier tut sich mittlerweile auch ne Menge. Aber dazu mehr im nächsten Eintrag.  

Sonntag, 13. Januar 2013

Der große Reisebericht (Teil 1)

So, der erste Urlaub durch meine neue Heimat ist Geschichte. Leider. Denn er hat sehr viel Spaß gemacht und war meiner Meinung nach zu kurz. Ich reiche nun einen umfassenden Bericht über den Trip entlang der Küste Südafrikas nach.

1. Durban: 
Los ging es in den 3-wöchigen Urlaub zusammen mit zwei weiblichen und zwei männlichen Freiwiiligen und einem Mietauto in der Nacht vom 16. zum 17.12 um 4:00 Uhr in der Früh. Da nur eine Nacht für Durban vorgesehen war, wollten wir die Zeit möglichst effizient nutzen und zwei Tage in der Hafenstadt an der Ostküste verbringen. So kamen wir etwas übermüdet zur Mittagszeit in einem herunter gekommenen Backpacker an, der neben Menschen auch Kakerlaken und Ratten beherbergte. Den restlichen Tag verbrachten wir damit, die Stadt laufend zu erkunden. Wir gingen zunächst zum Strand und suchten danach den Hafen auf, der aber nicht zum flanieren einlud, sondern eher industriellen Charakter hatte. Am Abend besuchten wir noch eine Bar und gingen danach geschafft und müde zu Bett. Für den nächsten Tag hatten wir uns einiges vorgenommen und zwar die schönen Seiten von Durban zu finden, denn unser erster Eindruck war eher negativ. Wir  besuchten das indische Viertel und wurden von netten Muslimen in die größte Muschee des südlichen Afrikas geführt. Dort erlebten wir das Mittagsgebet und es wurde vergeblich versucht uns zum Islam zu bekehren. Ein Museum über die Apartheidgeschichte Durbans erreichten wir leider zu spät, da es kurz nach unserem Eintritt zu machte. Danach guckten wir uns noch das eindrucksvolle WM-Stadion an, in dem Deutschland sein erstes Spiel hatte. Das Markenzeichen des Stadions ist der große Bogen, der sich über das Dach spannt. Damit war unsere erste Station, die wir uns alle etwas schöner vorgestellt hatten, schon vorbei und wir machten uns auf den Weg zum nächsten Küstenort.

2. Port St. Johns: 
Nach ca. 5 Stunden Fahrt über teilweise abenteuerliche Straßen kamen wir am Abend im überschaubaren Port St. Johns an. Außerhalb des Ortes und mitten im Grünen lag unser Backpacker, der das totale Gegenteil zum Ersten darstellte und mit seinen Hängematten und dem Meeresblick das Entspannen einfach machte. Hier verbrachten wir drei Nächte und hatten somit zwei volle Tage um die beeindruckende Landschaft zu entdecken. Am ersten Tag wanderten wir ein wenig entlang der Felsküste und machten uns zum ersten Mal mit dem Indischen Ozean vertraut, dessen Wellengang nicht ohne ist. Den zweiten Tag nutzten wir erneut für eine Wanderung, diesmal führte uns der Weg zu einem Wasserfall, von dessen Felsen man gut 11 Meter in die Tiefe springen konnte. Diesen Spaß ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Abends war in dem wirklich sehr gemütlichen Backpacker richtig Stimmung. Der DJ gab sich große Mühe und so endeten die Tage dort stets sehr klangvoll und amüsant.

3. Jeffreys Bay:
Die nächste Station führte uns schon an die Südküste und zwar zum absoluten Surferort Jeffreys Bay. Hier hatten wir wieder eine gemütliche und familiäre Unterkunft, in der sich viele "coole" Wellenfreunde tummelten. Zwei Nächte verbrachten hier und hatten somit nur einen Tag, den wir ganz nutzen konnten. Genutzt wurde dieser natürlich für einen kleinen Surflehrgang. Ich hatte dabei etwas Schwierigkeiten, was wohl daran lag, dass die Wellen nicht so richtig wollten und ich zu viel Zeit zu weit draußen verbrachte und somit die meiste Zeit auf meinem Surfbrett lag anstatt darauf zu stehen. Ansonsten hatte der Ort nicht so viel zu bieten, wirklich viel haben wir aber auch nicht gesehen. Der restliche Tag wurde an dem langen Sandstrand verbracht und so neigte sich auch die dritte Station dem Ende zu. Am 23.12 wurde die Reise zum nächsten Ort fortgesetzt, an dem wir für 5 Nächte bleiben sollten. Welcher Ort das ist, was wir dort erlebt haben und wie die Reise weiter geht, erfahrt ihr im 2. Teil. Ich bin jetzt nämlich müde und will noch ein bisschen schlafen, denn morgen ist wieder Schule. Und ich dachte 13 Jahre sind genug...