Sonntag, 9. Juni 2013

Eine unvergessliche Zeit

Nun sitze ich also tatsächlich schon wieder in meinem Zimmer in Berlin und versuche jetzt meine letzten Wochen in Südafrika zu rekapitulieren. Seit meinem letzten Blogeintrag am 28.4 ist unglaublich viel passiert, so dass dieser Eintrag möglicherweise etwas länger werden könnte. Hervorzuheben ist zudem, dass diese letzte Zeit eine verdammt schöne Zeit war, vielleicht sogar die schönste Zeit meines Lebens.
Beginnen möchte ich, der chronologischen Reihenfolge entsprechend, mit einem sehr spannendem und einprägsamen Ausflug ins Nirvana Südafrikas, nach Taaibosch in Limpopo, nahe der Grenze zu Botswana.
In diesem Dorf, das ohne Wasseranschluss auskommt und in dem mehr als die Hälfte der Bewohner Kinder zu sein scheinen, leben und arbeiten zwei deutsche Freiwillge. Zusammen mit drei Potchlern besuchte ich vom 3.-5. Mai die beiden in ihrem abgelegenen Dorf. Und das Wochenende sollte sich als Abenteuer herausstellen. Am Samstag startete der Tag in aller Früh mit einem Besuch einer Beerdigung. Da Weiße hier so gut wie nie aufkreuzen, zogen wir eine Menge Aufmerksamkeit auf uns. Jedoch wurde uns stets das Gefühl gegeben, dass wir willkommen sind und uns wurde sogar Dank für unsere Unterstützung ausgesprochen. Die Stimmung auf der Beerdigung war gedämpft und für afrikanische Verhältnisse wohl vergleichsweise traurig. Die Männer hielten Abschiedsreden, die Frauen sangen sich ihre Trauer von der Seele. Meiner Meinung nach war das einer Beerdigung mehr als angemessen. Die Verstorbene war übrigens eine junge Dame mitte zwanzig, die Todesursache war HIV. Im Anschluss an die Zeremonie gab es dann noch ein gemeinsames Essen, zur "Feier" des Tages wurde eine Kuh geschlachtet.
Die Hochzeitsgemeinde
Kaum war die Beerdigung zu Ende, wurde uns bereits die nächste Einladung angeboten. Nun sollte es auf eine Hochzeit gehen. Aller Widersprüchlichkeiten und der Tatsache, dass ich an dem Wochenende etwas kränkelte zum Trotz nahmen wir das Angebot an und machten uns auf dem Weg zum nächsten Fest.
Die unverkennbare Kirche
Dort angekommen, herrschte natürlich eine ganz andere, sehr gelöste Stimmung. Hier wurden wir von Beginn an wie Stars behandelt. Uns wurden Plätze direkt neben den Angehörigen und Freunden des Brautpaars angeboten und fortan erwähnten uns fast alle Redner und machten uns klar wie stolz sie wären, dass wir ihre Hochzeit unterstützten. Der Höhepunkt war erreicht, als uns der Fotograf nach vorne bat und wir zusammen mit dem Brautpaar für ein Foto posieren sollten. Auf der anschließenden Feier blieben wir die große Attraktion, uns wurden als einzige Kaltgetränke angeboten und wir durften zuerst ans Buffet. Es war schon eine merkwürdige und in gewisser Weise unangenehme Situation, denn wir genossen diese Privilegien nur auf Grund unserer Hautfarbe, nicht weil wir irgendwas Besonderes geleistet hatten. Dieser Tag musste erst mal verdaut werden, und von Skepsis gegenüber den Weißen, worüber ich im letzten Eintrag geschrieben hatte, war hier nichts zu spüren. Am nächsten Tag, dem Sonntag besuchten wir dann eine Kirche, die ihren ganz eigenen architektonischen Charme hatte. Der Gottesdienst war von viel Gesang und Tanz und innigen, fast schon fanatischen Gebeten geprägt. Zum Abschluss des Wochenendes kauften wir noch ein Huhn, schnitten es den Kopf ab, rupften es und bereiteten es schließlich zu. Ebenfalls eine Erfahrung, die ich nicht missen will. Das Huhn schmeckte vorzüglich. Nach diesem Festmahl und einer Menge spannender und unvergesslicher Eindrücke im Gepäck wurde der Rückweg nach Potch angetreten.

Als wir wieder in Potch ankamen, brachen für mich bereits die letzten vier Wochen in Südafrika an. Zurück in der Schule war ich in der Folge viel damit beschäftigt etliche Arbeitsblätter und für die Schule wichtige Dokumente zu kopieren und zu ordnen. Das zog sich über mehrere Tage hin und gestaltete sich zwar als eintönige Arbeit, hatte aber den Vorteil dass ich beschäftigt war. Des Weiteren suchte ich mir die Beschäftigung aber auch selber. Und zwar wollte ich für meinen letzten Schultag, dem 31.05, ein großes schulinternes Basketball- und Netballturnier organisieren. Dafür nutzte ich in den letzten Wochen die Sportstunden meines Lehrers, um die Kinder auf das Ereignis vorzubereiten. Genauer gesagt zeigte ich den Jungs der vierten bis siebten Klassen einige Basketballgrundlagen, während die Mädchen selbstständig Netball übten. Für die Jungs war nämlich Basketball, für die Mädchen Netball vorgesehen.
beim Turnier in Ikageng
Auch im Kinderheim lief es besonders basketballtechnisch immer besser, mittlerweile wurde zwei mal wöchentlich trainiert und endlich stieß ich bei meiner Suche nach Wettbewerb für die Jungs auf Erfolg. Nach etlichen gescheiterten Versuchen ein Spiel gegen ein Basketballteam in einer ähnlichen Altersgruppe zu organisieren, erhielt ich für den 25.05 eine Einladung für ein Basektballturnier im Ikageng Stadium. Mit großer Vorfreude und gleichzeitiger Unwissenheit in Bezug auf unsere Gegnerschaft machte ich mich zusammen mit meinem 9-köpfigen Team und Co-Trainer Anjo auf den Weg nach Ikageng. Da nur ein anderes Team in ähnlicher Altersgruppe anwesend war, traten wir drei mal gegen dieses Team an. Und obwohl alle drei Spiele verloren gingen, gewannen meine Jungs und auch ich eine Menge neue Eindrücke und wichtige Erfahrungen. Außerdem konnte ich sogar eine Verbesserung im Laufe der drei Spiele feststellen. Der Trainer unseres Gegners machte dann den Vorschlag, am Mittwoch Nachmittag mit seinem Team ins Kinderheim zu kommen und ein weiteres Spiel zu bestreiten. So wurde für Dienstag ein Spezialtraining angesetzt und am Tag darauf kam es dann zum großen Heimspiel im Abraham Kriel. Fußballspiele sind hier ja ein übliches Ereignis, aber ein Basketballspiel gibt es hier wahrlich selten zu bestaunen.
Das Turnier in der Schule
Das Spiel war dann ein großer Erfolg. Trotz zahlloser Fehlversuche besiegten wir unseren Gegner mit 14:4! Mein erster Sieg als afrikanischer Basketballcoach! Die Jungs hatten mich ganz schön stolz gemacht. Als Belohnung verteilte ich alte Trikots, die mir zu klein geworden waren und die meine Mutter nach Südafrika geschickt hatte. Und auch das Basketballturnier an meinem letzten Tag in der Schule war ein tolles Ereignis, die Kinder hatten ihren Spaß und auch organisatorisch lief alles gut. An diesem letzten Schultag hieß es dann auch schon Abschied nehmen, in der Schule wie im Kinderheim, denn am Abend ging es nach Johannesburg. Und dieser Abschied fiel mir schwerer als vor einigen Wochen noch erwartet. Denn besonders die letzte Zeit war einfach nur wunderschön. Seit dem Limpopo Wochenende lief im Prinzip alles perfekt. Ich hatte endlich das Gefühl wirklich angekommen zu sein und mich an alles gewöhnt zu haben. Das Verhältnis zu vielen Kindern war mittlerweile freundschaftlich und vertraut. Das Aufstehen am frühen Morgen war kein lästiger Akt mehr, sondern ich blickte mit Freude auf den anstehenden Tag. Die Phasen, wo ich mich zurück nach Deutschland sehnte, waren vorbei und ich wollte eigentlich gar nicht mehr weg. Und so war dieser Freitag, der 31.05 ein sehr emotionaler Tag mit einer Menge Abschiedsschmerz. All diese neu gewonnenen Freunde und Freundinnen würden bald sehr weit weg sein. Ich machte nochmal einen letzten Gang durchs Kinderheim und verabschiedete mich von den Menschen, die mir in den sieben Monaten ans Herz gewachsen waren. Dann stieg ich zusammen mit Anjo, Philip und Tim ins Auto und wir machten uns auf den Weg nach Johannesburg. Dort verbrachten wir dann noch das Wochenende, ehe ich am Sonntag Abend in den Flieger Richtung Heimat stieg.
Ein alles zusammenfassendes Fazit über meine 7 Monate in Südafrika zu ziehen, ist so gut wie unmöglich. Dafür war die Zeit viel zu vielfältig, viel zu facettenreich. Jedoch kann ich sagen, dass ich trotz aller Tiefen froh bin, das Abenteuer Südafrika gemacht zu haben. Besonders dank der letzten Wochen war es eine sehr schöne und unvergessliche Zeit. All die neuen Erfahrungen, die ich gemacht habe, haben mir als Menschen eine Menge gegeben. All die tollen Menschen, die ich kennen lernen durfte, werde ich nie vergessen und immer im Herzen tragen. Und eins ist klar: Ich werde auf jeden Fall zurückkehren. An den Ort, der meine zweite Heimat geworden ist.